Vier Handlungsfelder für mehr Resilienz in der Logistik

Die Corona-Pandemie hat ziemlich gnadenlos aufgedeckt, was bei unseren globalen Supply Chains seit langem problematisch ist: Sie sind auf effiziente Kosten getrimmt, die Versorgungssicherheit wird vernachlässigt. In Zukunft ist mehr Resilienz unverzichtbar.

Vier Handlungsfelder für mehr Resilienz in der Logistik
Vier Handlungsfelder für mehr Resilienz in der Logistik

Wie wichtig funktionierende Supply Chains sind, zeigen aktuell die vielen negativen Auswirkungen, die aus einer ins Stocken geratenen globalen Logistik resultieren: Im B2C- und im B2B-Kontext sind lange Lieferzeiten momentan eher die Regel als die Ausnahme, viele Produkte sind knapp, manche gar nicht verfügbar. Verantwortlich dafür sind unter anderem begrenzte Kapazitäten entlang der gesamten Lieferkette. So warten beispielsweise derzeit in Rotterdam Schiffe auch schon einmal 200 Stunden auf die Einfahrt in den Hafen. An anderen Häfen sieht es nicht viel anders aus. Staus gibt es aber auch beim Güterverkehr auf der Schiene, der Straße und in der Luft. Dass in der Folge die Frachtkosten drastisch gestiegen sind, ist naheliegend.

Nur ein Corona-Schock?

Die unmittelbare Ursache für die angespannte logistische Lage ist die Corona-Pandemie. Erst fielen vielerorts Produktionsstandorte aus. Als die wieder liefen, musste eine überdurchschnittlich hohe Nachfrage bedient werden. Gleichzeitig legte die Pandemie viele Stakeholder entlang der Supply Chain lahm. Bis heute kommt es immer wieder vor, dass Häfen wegen Corona-Fällen geschlossen oder heruntergefahren werden. Wer allerdings annimmt, dass sich nach einem Ende der Pandemie (das auch noch gar nicht absehbar ist) alles von selbst wieder einpendelt, macht aus unserer Sicht aber einen schwerwiegenden Fehler.

Denn nach unserer Einschätzung hat die Corona-Pandemie lediglich aufgedeckt, was schon lange schiefläuft. Um wirklich etwas aus der Krise zu lernen, ist eine genauer Blick auf deren mittelbaren Ursachen hilfreich: An Supply Chains partizipiert mittlerweile eine große Zahl an global verteilten Stakeholdern, was zu großen Distanzen und einer hohen Komplexität führt. Zudem besteht ein enormer Zeit- und Kostendruck, was zum Beispiel in den Just-in-Time- und Just-in-Sequence-Ansätzen zum Ausdruck kommt. Salopp formuliert: Das ganze System ist ziemlich auf Kante genäht, die Versorgungssicherheit steht nicht im Fokus. Eindrucksvoll veranschaulicht hat das dieses Jahr ein Ereignis, das nichts mit Corona zu tun hatte: Als im März das Containerschiff „Ever Given“ im Suez-Kanal havarierte, war die wichtige Wasserstraße tagelang blockiert – was weltweit Lieferengpässe nach sich zog.

Das Zauberwort heißt Resilienz

Als Antwort auf die offenkundigen Probleme wird in einer breit geführten Debatte oft darauf verwiesen, dass Supply Chains sich künftig durch mehr Resilienz auszeichnen sollten. Das ist sicher richtig. Die Frage ist dann allerdings noch, wie eine solche Widerstandsfähigkeit erreicht werden soll. Wir halten dafür die folgenden vier Handlungsfelder für geeignet.

Umfassende Risikoanalyse

Sich darauf zu verlassen, dass es bislang immer gut gegangenen ist, wird in Zukunft nicht mehr ausreichen. Stattdessen ist jeder Stakeholder gut beraten, die für ihn existierenden Supply-Chain-Risiken zu identifizieren und zu analysieren – und das kontinuierlich. Davon ausgehend lassen sich dann Notfallpläne erstellen.

Integrierte Planung

Wenn künftige Entwicklungen bekannt sind, lässt sich rechtzeitig handeln. Voraussetzung dafür ist eine integrierte Planung – also vom Absatz bis zur Beschaffung. Das klingt zwar nach einer Selbstverständlichkeit. In vielen Unternehmen ist die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Fachbereichen nach unserer Erfahrung aber alles andere als optimal. Hinzu kommt, dass für die Planung nicht immer die verfügbaren Daten genutzt werden.

Hohe Transparenz

Gerade wegen der großen Zahl an Beteiligten und der hohen Komplexität von Supply Chains ist es für jeden einzelnen Stakeholder entscheidend, über den aktuellen Status eines Logistikprozesses informiert zu sein. Nur so lassen sich rechtzeitig Alternativen ergreifen.

Robuste Intralogistik

Auch wenn sich der Blick zunächst auf die Logistikprozesse außerhalb des eigenen Unternehmens richtet, kann auch die Intralogistik für mehr Resilienz sorgen. Denn die aktuellen Entwicklungen führen dazu, dass sich Ereignisse bei einem Unternehmen wie Schockwellen verbreiten. Zum Beispiel in der Automobilindustrie. Viele OEMs passen sich sehr flexibel der Situation an: von der kurzfristigen Änderung von bereits kommunizierten Produktionsplänen bis zum kompletten Stopp der Fertigung. Getroffen werden davon die Tier-1-Zulieferer, die nur mit einer robusten Intralogistik adäquat reagieren können.

Innerhalb der vier Handlungsfelder gibt es einige Ansatzpunkte für Verbesserungen. Bei der Strategie, der Organisation und den Prozessen. Das unverzichtbare operative Mittel ist dabei immer die IT – weil nur mit digitalen Lösungen Daten rasch zu Erkenntnissen werden und die Kommunikation schnell und störungsfrei läuft.