Sicher ist nur, dass wir künftig mit Unsicherheiten leben müssen. Für die Zulieferer von Automotive-OEM gilt das ganz besonders. Von ihnen wird künftig noch mehr Flexibilität erwartet als ohnehin schon. Um sich darauf einzustellen, sind zwei Dinge wichtig: Die Fähigkeit, gute Prognosen zu erstellen und Agilität.
Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im November 2021 198.258 Personenkraftwagen (Pkw) neu zugelassenen. Das ist im Vergleich zum November 2020 ein Minus von 31,7 Prozent. Im Zeitraum von Januar bis November wurden 2021 8,1 Prozent weniger Pkw neu zugelassen als 2020. Frustrierend muss für die OEM daran besonders sein, dass es nicht an der Nachfrage liegt. Kundinnen und Kunden wollen Autos kaufen. Die Hersteller können aber nur geringe Mengen produzieren, weil ihnen aktuell vor allem Mikrochips fehlen. Natürlich werden früher oder später wieder genügend Halbleiter verfügbar sein. Auf Situationen wie den derzeitigen Chipmangel sollte sich die Automobilindustrie – ebenso wie alle anderen Branchen – aber dringend einstellen. Denn für die Charakterisierung unserer Welt wird nicht ohne Grund seit einiger Zeit das Akronym VUCA verwendet. Tatsächlich sind die Umstände volatil (Volatility) und unsicher (Uncertainty), komplex (Complexity) und mehrdeutig (Ambiguity).
Schwankungen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten treffen längst nicht nur die Hersteller. Sie sind sogar häufig in der Lage, einen guten Teil der sich daraus ergebenden Herausforderungen an ihre Zulieferer weiterzugeben, indem sie die Zusammenarbeit immer flexibler gestalten. Und so werden Vertragslaufzeiten kürzer, nimmt die Range der vereinbarten Abnahmemengen zu und wird das JIT/JIS-Prinzip ausgedehnt. Das heißt konkret: Vielleicht werden diese Woche gar keine Teile benötigt, weil die Produktion vollständig stillsteht – denn einer der anderen Zulieferer konnte nicht liefern. Dafür muss dann aber in der nächsten Woche 24/7 gearbeitet werden…also ziemlich wahrscheinlich.
Um einer solchen Flexibilitätsanforderung gerecht zu werden und gleichzeitig wirtschaftlich zu agieren, sollten Zulieferer sich um zwei Aspekte kümmern: ihre Prognosefähigkeit und ihre Agilität.
Nur weil die Welt volatil und unsicher, komplex und mehrdeutig ist, heißt das nicht, dass sie sich gar nicht mehr verstehen lässt. Es ist allerdings anspruchsvoller, Transparenz zu gewinnen und künftige Entwicklungen vorwegzunehmen. Dabei helfen das rasant wachsende Datenvolumen und leistungsfähige Technologien. So lässt sich mit innovativen Analytics-Ansätzen nicht nur anhand von Kennzahlen sagen, was in der Vergangenheit passiert ist (Descriptive Analytics). Es können auch Erkenntnisse dazu gewonnen werden, warum etwas passiert ist (Diagnostic Analytics), was passieren wird (Predictive Analytics) und wie am besten gehandelt wird (Prescriptive Analytics). Das versetzt Zulieferer in die Lage, die eigenen Ressourcen und die Beschaffung frühzeitig anzupassen.
Zulieferer, die ihre Teile Just in Sequence bereitstellen, benötigen dafür unbedingt ein JIS-System, das die Lieferabrufe über eine EDI-Schnittstelle entgegennimmt und verarbeitet. Häufig ist es außerdem erforderlich, dass sie in unmittelbarer Nähe zum OEM fertigen. Das führt dazu, dass Zulieferer immer wieder Standorte zu Beginn einer Zusammenarbeit eröffnen – die zugesicherte Laufzeit wird dabei immer kürzer. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit sich die Investition in eine entsprechende JIS-Lösung lohnt. Ein On-Premises-System, das hohe Investitionskosten (Capex) verursacht, muss eine gewisse Zeit im Einsatz sein, um einen positiven ROI zu erreichen. Für eine JIS-Lösung, die als Software as a Service aus der Cloud bezogen wird, fallen dagegen nur laufende Kosten (Opex) an. Und zwar nur so lange, wie sie auch wirklich genutzt wird. Vorteilhaft ist außerdem, dass eine Cloud-basierte Lösung rasch einsatzfähig ist. Bedenken wegen einer mangelnden Latenz, Performance und Stabilität sowie einer unzureichenden Datensicherheit sind in der Regel unbegründet. In Wahrheit schlagen Cloud-Anwendungen ihre On-Premises-Pendants fast immer um Längen.
Eine JIS-Lösung im SaaS-Modell zu beziehen, macht Zulieferer agiler, was die befristete Zusammenarbeit mit einem OEM betrifft. Das Deployment an sich hilft aber nicht dabei, agil auf eine schwankende Nachfrage zu reagieren. Dazu muss die Software einige funktionale Anforderungen erfüllen:
Mit der Software sollten sich Lieferabrufe auswerten lassen – auch, um Tendenzen zu erkennen
Der Datenaustausch mit anderen Systemen sollte möglich sein und es sollten Prognosen als Verhandlungsmöglichkeiten abgegeben werden können, um OEM Verträge mit den tatsächlichen Abnahmemengen zu vergleichen
Die Software sollte sich leicht in andere Systeme integrieren lassen, um den Gesamtprozess möglichst umfassend automatisieren und flexibilisieren zu können
Benchmark mit den vereinbarten Vertragsbedingungen - es werden Kriterien vereinbart, wie z.B. die Bereithaltung von Mitarbeitern oder Verbrauchsmaterialien
Die Software sollte sich leicht bedienen lassen und Prozesse müssen abgesichert werden können, um Personal flexibler einsetzen zu können.
Der Anbieter der Software sollte ein abgestimmtes 24/7-Supportkonzepte vorhalten, damit bei Problemen rasch gehandelt werden kann.
Der Anbieter der Software sollte sein Know-how schon zu einer frühen Phase im Projekt zu Verfügung stellen, um sinnvolle, praktikable und kostenoptimale Konzepte und Lösungen entwickeln zu können – am besten beginnt das schon während mit einem OEM über ein Angebot verhandelt wird.